1918-1919

Zeitweise entstand in Bayern ein provisorischer Arbeiter-und Soldatenrat mit Kurt Eisner als Ministerpräsident.

Der Freie Volksstaat Bayern wurde proklamiert. Die Monarchie war abgeschafft. Ein Arbeiter-und Soldatenrat fungierte als Kontroll-und Verwaltungsorgan bis zur Wahl einer Nationalversammlung, die über die zukünftige Staatsform entscheiden sollte: Entweder eine parlamentarische Demokratie nach westeuropäischem Vorbild' oder eine Räterepublik nach sowjetischem Muster. In Krumbach wurde auch ein Arbeiter-und Soldatenrat gewählt. Dessen Aufgabe war, "die Ernährungs-und Versorgungslage zu sichern, das öffentliche Leben zu stabilisieren und den Wohnungsmarkt zu regeln': Ihm gehörten als Arbeiterräte Adalbert Schleicher, Franz Berger, Anton Schäffler und Johann Miller an. Zumindest Adalbert Schleicherist als Sozialdemokrat einzuordnen, denn in der Kommunalwahl 1919 wurde er für die SPD in den Stadtrat gewählt.

Adalbert Schleicher

Adalbert Schleicher war Schreinergeselle in der Schreinerei Nagenrauft, Mindelheimer Str. 27. Er stammte aus dem Landkreis Dillingen und war 1894, 24jährig aufgrund der Anstellung bei Nagenrauft nach Krumbach gezogen. Im gleichen Jahr heiratete er eine Viktoria Wegeie, ebenfalls aus dem Landkreis Dillingen stammend. Sie bezogen ein eigenes Haus in der Fabrikstraße 17 (heute Robert-Steiger-Str. 17). Zwischen 1895 und 1901 wurden fünf Kinder geboren, von denen ein Mädchen im Kindesalter verstarb. Bis 1933 war er SPD-Stadtrat in Krumbach. Er arbeitete bei der Schreinerei Nagenrauft bis zum Eintritt in die Rente. Das Ende der Nazizeit hat er nicht mehr erlebt. Er starb im Januar 1944 in Krumbach.

Volksentscheid I (1919)

Der Krumbacher SPD-Ortsverein traf 1918 eilig Wahlvorbereitungen für Landtagswahl und Nationalversammlung. Eine politische Veranstaltung nach der anderen wurde organisiert. Adalbert Schwaninger war damals Vorsitzender. Durch seine und seiner Parteifreunde Arbeit gelang es, den Kandidaten der SPD, Clemens Högg (Neu-Ulrn), in den bayerischen Landtag zu bringen. Ein wichtiges Thema in den Wahlveranstaltungen war das zukünftige Schulsystem. Die Sozialdemokraten forderten eine konfessionsunabhängige Schule (jedoch keine Religionslosigkeit). Sie standen für den Achtstundentag und für eine angemessene Beteiligung der Arbeiterschaft an durch ihrer Hände Arbeit erwirtschafteten Gewinnen. Sie warben für eine parlamentarische Demokratie und nicht für ein Rätesystem. Bei den Wahlen zur Nationalversammlung gaben in Krumbach 1641 Männer und erstmals auch Frauen ihre Stimme der SPD und verdeutlichten insgesamt die Absage an ein Rätesystem.

Die zweite Revolution (1919)

Ministerpräsident Kurt Eisner, der die konstituierende Landtagssitzung eröffnen wollte und die Absage an das Rätesystem anerkannte, wurde auf dem Weg in den Landtag erschossen. Es folgte ein Massenaufstand in den industriellen Ballungszentren. Die bei der Landtagswahl legitimierte sozialistische Hoffmann-Regierung musste im April 1919 von München nach Nürnberg fliehen. Es folgte die Ausrufung der Münchener Räterepublik.

Flagge zeigen (1919)

In unserer Region hatten diese politischen Umwälzungen für große Unruhe gesorgt. Eine riesige Volksversammlung fand in Krumbach statt. 2000 Menschen hatten sich am Rittlen zum Protest versammelt. Redner des Bauernbundes, der Bayerischen Volkspartei und von der SPD MdL Clemens Högg erteilten unter dem Beifall der Zuhörer der Räterepublik eine deutliche Absage. Eine Resolution wurde verfasst: Die Versammlung lehnt mit Entschiedenheit die Räterepublik ab. Diese kann das vorhandene Elend nur ins Unermessliche steigern. Nur geschlossenes Arbeiten im sozialistischen Sinne unter Wahrung des Selbstbestimmungsrechtes des ganzen Volkes kann uns wieder besseren Verhältnissen entgegenführen. Die Versammlung lehnt sich mit Empörung auf gegen den Versuch landfremder Elemente und Phantasten, sich die Regierungsgewalt anzumaßen. Die Versammlung steht geschlossen hinter der sozialistischen rechtmäßigen Regierung Bayerns, die nicht abgedankt hat, sondern weiterregiert. An die Volksgenossen, vor allem auch an die Soldaten, richten wir die Aufforderung, aufzustehen zum Schutz für unsere Heimat, für Freiheit und Recht. Weg mit der Fremdherrschaft in München! Bayern den Bayern!

Ende der Räterepublik (1919)

Mit Hilfe von preußischen und württembergischen Truppen wurde in München dem Rätesystem im Mai 1919 ein Ende bereitet. Dem aufgestauten Volkszorn zum Opfer fiel der Gatte der Krumbacher Lyrikerin Hedwig Lachmann, der Literat Gustav Landauer, der, obwohl er sich von der zweiten Räterepublik deutlich distanziert hatte, inhaftiert worden war. In der Haft wurde er ermordet.

Neueintritte (1919)

1919 bescherte dem Ortsverein zahlreiche Neumitglieder. Die Eindrücke aus dem Ersten Weltkrieg und dem Terror von rechts und links auf der Straße veranlassten viele in die Partei einzutreten. Von Alois Kroner wird die Aussage überliefert: Man muss mitgestalten. Wenn man mitbestimmen und etwas zum Besseren wenden will, dann muss man sich einer Organisation oder Partei anschließen und dort mitarbeiten' Alois Kroner wollte für die Rechte des Arbeiterstandes kämpfen. Sein erhaltenes Parteibuch bestätigt seinen Eintritt in den SPD-Ortsverein am 12. April 1919, Unterschrift: Adalbert Schwaninger.

Drei Stadtratsmandate für die SPD (1919)

Bei den Gemeinderatswahlen 1919 zogen dann erstmals drei Sozialdemokraten in den Krumbacher Stadtrat ein: Adalbert Schwaninger, Adalbert Schleicher und Wilhelm Fischer.